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architectura animata __

<<< _„von unvergänglichem Zauber umwitterten Menschen- und Göttergestalten des Altertums“ zeitlebens nicht entkommen konnte, war Hallmann der Kniefall vor der Antike zuwider.

In einer 1842 veröffentlichten Essaysammlung Kunstbestrebungen der Gegenwart rechnet er polemisch mit dem „Nachäffen“ und dem „Wiederkäuen“ in Kunst und Architektur ab. Anstatt sich „das Leben mit dem Gewimmer nach verlorenen Paradiesen zu vergällen“ und durch das so gelähmte Kunstschaffen nur Tempel und Mumienhäuser hervorbringen zu können, solle sich die Gegenwart besser „selbst fühlen“ und eine Architektur entstehen lassen, die das „Materielle“ der Jetztzeit in sich trägt.

Hallmanns Vorbild war das von Karl Friedrich Schinkel neu errichtete Gebäude der Berliner Bauakademie. Die an Nutzgebäuden wie Fabriken oder Magazinen ausgerichtete Quaderarchitektur des Hauses war das Berliner Paradebeispiel für eine Funktions- und Zweckarchitektur, wie sie Hallmann für jedwede Gattung neu zu errichtender Gebäude vorschwebte.

 

 

 

... statt, wie bisher noch fast immer der Fall war, unsere Bedürfnisse in die verschiedensten Style hineinzuzwingen, habe man wenigstens den Muth, es zu wollen, ein Gebäude irgend einer Gattung, was jetzt errichtet wird, sich vornehmlich nach dem Zwecke desselben gestalten zu lassen, und statt auf dem Styl zu bestehen, um so mehr darauf Gewicht zu legen, diesem zweckmäßigen Gebäude die möglichste Schönheit, und zwar eine aus der Sache sich selbst entwickelnde Schönheit, eine organische, und nicht etwa eine eingebildete zu geben.

Im Blickfeld DuBois-Reymonds wie Hallmanns steht der „innere Aufbau“ und die Ästhetik einer sich in ihm manifestierenden unverfälschten Formensprache, die nicht verhüllt. Sich ableitend aus der Funktionssweise, wird sie zum äußeren Erscheinungsbild eines künstlichen oder natürlichen Gesamtorganismus, das nicht aus Selbstzweck oder Überfluß entstand, sondern dem das Zusammenspiel und die Verzahnung seiner Einzelbestandteile und der Energiefluß wirkender Kräfte zu Grunde liegt.

 

 

 

Aufbau und Erscheinung des komplexen natürlichen Organismus, wie des künstlichen Organismus und deren Funktion bedingen als Resultat dieser Erkenntnis einander, stehen in wechselseitiger Abhängigkeit. Gemäß den Gesetzen der Tektonik werden hier die Interaktion der Bestandteile und der Energiefluß wirkender Kräfte sich der reinen Notwendigkeit unterordnend in Formensprache umgesetzt. Als Resultat am Ende der Verkettung dieser Wechselwirkungen steht ein in sich funktionierendes, harmonisch geschlossenes System und das Phänomen Ästhetik.

Die architektonischen und anatomischen Studienzeichnungen Hallmanns sind nicht zuletzt eine Suche nach der sich in der organischen Form ausdrückenden oder verborgenen Funktionsweise komplexer Gebilde, in denen nichts zufällig, entbehrlich oder überflüssig ist. Nicht anders als DuBois Reymonds Experimente sind sie ein physiologisches Naturstudium.